(scroll down for German version)
After a few months of research, I’m still surprised and at the same time delighted to see how many young people are concerned and interested and getting involved with the not easy topic of European history in 1945. And especially getting involved outside an academic framework, because it is an incredibly interesting topic for us in the third or fourth generation.
Image: Verena Berg/Martin-Lagois-Fotopreis
One such person getting involved is Hamburg photographer Verena Berg. Unlike me, she has no family connections to the occurrences in 1945, but nevertheless decided to dedicate some of her work to this topic. She has just won the Martin-Lagois-prize for photography for her project “Generation Flucht” / “Generation Flight”, a work about the flight and expulsions of Germans during the fighting 1945 and the fate of the refugees after their arrival in West Germany. She portraits contemporary witnesses of these events in their new homes today, and also records their stories. Verena and I talked about her project and our research experiences last week.
Marcel: How did the project come together, and how did you get in touch with the contemporary witnesses?
Verena: Last year, the Landkreis (administrative district) Schleswig-Flensburg asked me to come up with an idea for a project about the local area, and I found out that there are towns and villages in the north of Germany where large parts of the population consist mainly of people from the former Eastern parts of Germany. So I decided to portrait these towns and their people. Unfortunately was the project for the Landkreis never realised, but I got in touch with the first contemporary witnesses and so the idea for ‘Generation Flight’ was born. After that, and after I was nominated for the Lagois-prize, I got in touch with the German Federation of Expellees. Especially the help of Ruth Geede, an East Prussian native and oldest working journalist in Germany – she’s 96 and writes completely from memory! – who published an article about my project in the Preußische Allgemeine Zeitung put me in touch with even more people. They are all very eager to tell their story!
Marcel: So you’re still interviewing people?
Verena: Yes! I already met a few, mostly in Northern Germany, and one lady of 101 in the South, but there are many more on my list. The aim is to have ten portraits ready for the official exhibition for the Lagois prize which opens in Nuremberg on the 2nd of October this year.
Marcel: I read that you plan to also exhibit the stories of these people that you recorded, and not only the photographs?
Verena: I think the extraordinary stories of these people deserve special appreciation, and photography can only transport a story up to a certain point. Depending on the exhibition space in Nuremberg, I hope to have extracts from the stories available via mp3-players directly next to the photographs, so you can listen to the story told by the person portrayed in their own voice. I really like to stress the fact that every single story should me made accessible to the public as a whole, and it bothers me a bit that I can only show a small extract of each story – one example for flight, one for capture, one for arrival and so forth.
Image: Verena Berg/Martin-Lagois-Fotopreis
Marcel: And what are your future plans for the project? Are you going to invite all the participants to the vernissage in Nuremberg?
Verena: Of course! I do hope however to also organise an exhibition in Hamburg – most of the people are around 80 and older, so traveling is not so easy for them. I’m quite sure there will also be a catalogue for the exhibition, and I definitively plan to publish the stories and photos in other formats as well – as I said, I’m convinced these stories need to be told. All the people I met stressed that they are not revanchist and harbor no bad feelings; it’s just that they want to tell their stories so people can learn from them. What form this publication will have, a book or online, I couldn’t say today.
Marcel: Vielen Dank!
—
Nach mehreren Monaten Recherche bin ich immer noch überrascht und gleichzeitig hocherfreut darüber, wie viele junge Leute sich für das nicht einfache Thema “Europa 1945” interessieren und sich damit auseinandersetzen. Und das nicht von einem akademischen Standpunkt, sondern einfach weil es ein ungemein interessantes Thema für uns in der 3. Und 4. Generation darstellt.
Jemand, der sich ebenfalls mit dem Thema Flucht und Vertreibung 1945 auseinandersetzt, ist die Hamburger Fotografin Verena Berg. Obwohl Verena keine familiären Verbindungen zu den Geschehnissen jener Zeit hat, hat sie einen nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeit genau diesem Thema gewidmet: dieses Jahr hat sie den Martin Lagois-Fotopreis erhalten, und zwar für ihr Projekt „Generation Flucht“, eine Arbeit bei der sie Zeitzeugen in derer neuen Heimat portraitiert und deren Geschichten aufzeichnet. Ich habe Anfang dieser Woche mit Verena gesprochen.
Marcel: Wie ist das Projekt entstanden, und wie bist du überhaupt an die Zeitzeugen gekommen?
Verena: Letztes Jahr hat mich der Landkreis Schleswig-Flensburg gefragt, ob ich die Idee zu einer Arbeit über eben diesen Landkreis erstellen könnte. Dabei habe ich erfahren dass es Ortschaften in Norddeutschland gibt, deren Einwohner zum grössten Teil aus Vertriebenen und deren Nachkommen bestehen. Ich habe mich dann entschieden, diese Orte und die Menschen zu portraitieren. Leider ist das Projekt für den Landkreis nicht zustande gekommen, aber ich bin so mit den ersten Zeitzeugen in Kontakt gekommen und die Idee für “Generation Flucht” war geboren. Nachdem ich den Lagois-Preis gewonnen hatte, habe ich mich mit den Vertriebenenverbänden in Verbindung gesetzt. Ganz besonders die Hilfe von Ruth Geede, Ostpreussin und älteste noch aktive Journalistin Deutschlands – sie ist 96 und arbeitet fast ausschließlich aus dem Gedächtnis! – war sehr wichtig. Sie hat einen Artikel über mein Projekt in der Preußische Allgemeine Zeitung veröffentlicht, da haben sich noch ein ganzer Haufen mehr Menschen gemeldet. All diese Leute sind unheimlich interessiert daran, ihre Geschichten zu erzählen.
Marcel: Du bist also mit den Interviews noch nicht fertig?
Verena: Auf keinen Fall! Ich habe jetzt schon ein paar getroffen, hauptsächlich in Norddeutschland, und eine Dame von 101 im Süden, aber ich habe noch mehr auf meiner Liste. Der Plan ist, 10 Portraits zur Eröffnung der Lagois-Preis-Ausstellung fertig zu stellen. Die findet am 2. Oktober in Nürnberg statt.
Image: Verena Berg/Martin-Lagois-Fotopreis
Marcel: Und du willst auch die Geschichten der Menschen zeigen, und nicht nur die Fotos?
Verena: Ich denke die außergewöhnlichen Geschichten dieser Menschen verdienen besondere Würdigung, und ein Foto kann eine solche Geschichte immer nur bis zu einem gewissen Grad erzählen. Je nach Lage des Ausstellungsraumes in Nürnberg, plane ich auf jeden Fall einen mp3-Player neben den Fotos zu platzieren, damit man sich die Geschichten der Leute in deren eigener Stimme anhören kann. Ich möchte hier nochmal ganz ausdrücklich betonen dass alle diese Geschichten in ihrer Gesamtheit erzählt gehören, und es ärgert mich ein bisschen dass ich die Geschichten nur in Ausschnitten präsentieren kann – ein Beispiel für Flucht, eines für Gefangenschaft, eines für die Ankunft im Westen und so weiter.
Marcel: Und was sind deine weiteren Pläne? Wirst du die Zeitzeugen auch zur Vernissage nach Nürnberg einladen?
Verena: Natürlich! Aber ich hoffe auch eine Ausstellung in Hamburg zu organisieren – die meisten Leute sind ja 80 Jahre und älter, reisen fällt da nicht mehr so leicht. Ich denke es wird auch einen Katalog zur Ausstellung geben, und ich plane definitiv die Geschichten und Fotos in anderer Form weiter zu veröffentlichen. Wie gesagt, ich bin überzeugt davon dass diese Geschichten erzählt werden sollten. Alle Menschen mit denen ich gesprochen habe sind keine Revanchisten und hegen keinerlei Groll, es ist Ihnen einfach nur wichtig die Geschichten zu erzählen damit andere daraus lernen können. Ich welcher Form ich genau diese Geschichten aber publizieren werde, online oder in Buchform, das kann ich noch nicht sagen.
Marcel: Vielen Dank!