Perm 36 is the only and last of its kind: the last preserved Gulag in Russia and at the same time the only privately run Gulag-museum. I’m going to visit Perm 36 while in Russia, to get a feel for the situation in Soviet prison camps – and will of course write about it here.
The people running the museum also organise the Pilorama-festival every year, a political arts festival focusing on human rights – and the festival is now in its sixth year. Last year, German jazz singer Pascal von Wroblewsky was invited to play the festival, and her son, filmmaker Robert von Wroblewsky, accompanied her with his camera. The result of their trip is the documentary „Perm 36 – the last Gulag“, which has currently started making the rounds on film festivals worldwide. I met Robert in Berlin, and we talked about the film, the museum and Russia.
(scroll down for German version)
Marcel: How did the idea for the film develop?
Robert: It was not the first time my mother got in touch with the organisers there. They not only book Pilorama, but other things as well. They then visited us in Berlin and we were joking about me just coming along and bringing the camera, and that’s how it all started. We applied for funding via the festival and were successful, thankfully – they have to be quite stingy with their scant budget. For a German application there simply was no time, we decided only 6 months before the festival that we would go.
Marcel: How was your cooperation with the museum?
Robert: There are only a handful of people lobbying for the museum. They are all hard-as-bone idealists, fighting for every cent of their budget. I hope that they will also show the film at the museum – we realised it with their support.
Marcel: Talking about the festival – are the festivalgoers traveling there especially for the festival, or are these all local people?
Robert: A good question. I think up to Perm everything’s included. The camp where the festival takes place is actually about a hundred kilometres from Perm. But that varies – I was really surprised how many Germans and English were there. It’s quite striking how well-known Perm 36 is globally.
Marcel: But that does make sense, when you think that it is the only prison camp left of all those other camps…
Robert: That is really a different culture there. Every concentration camp in Germany is a museum – but that does not exist in Russia. The Soviet history is not dealt with as thoroughly as our German past. There exists no civil society, respectively it has just started developing. When you think of all the camps, and then there’s only one museum left… And even there most of it was reconstructed. Only very few of the original buildings survived. We interviewed a former prisoner who comes there for 13 years now, and for him it has become a mission to tell his story to the people there and especially the youth. Just so the people can develop awareness for the past and to prevent it from happening again. Again, the examination of the past is not taken for granted there.
Marcel: But it looks like the people are interested – otherwise they would not come to the festival. Or do you think the young people are only interested in the music and not the location?
Robert: I think it’s a good mix. There’s the festival stage like any other festival stage, and the kids come to listen to the rock bands, but of course do they walk through the museum and take everything in. It is a bit morbid though: on the one hand there’s the stage and the festival area with lots of colourful tents, and on the other there’s the museum with the small prison cells were people died.
Marcel: What are your future plans for the film?
Robert: The film has been chosen for the „World Kids International“-short film festival in Mumbai. But we plan to go to other festivals with it as well. I hope that there’ll be a lot more happening – it’s is my first documentary after all.
Marcel: Vielen Dank!
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Perm 36 ist das einzige und letzte seiner Art: das letzte noch erhaltene Gulag in Russland und gleichzeitig das einzige privat betriebene Gulag-Museum. Ich werde im Rahmen meiner Russlandreise Perm 36 besuchen, um ein Gefühl für die Zustände in sowjetischen Gefangenenlagern zu bekommen – und natürlich hier darüber berichten.
Die Betreiber des Museums veranstalten ausserdem jedes Jahr das Pilorama-Festival, ein politisches Kunstfestival mit Fokus auf den Menschenrechten. Und das bereits seit sechs Jahren. Im letzten Jahr wurde die deutsche Jazzsängerin Pascal von Wroblewsky eingeladen, auf dem Festival zu spielen – und ihr Sohn, Filmemacher Robert von Wroblewsky hat sie mit seiner Kamera dorthin begleitet. Das Ergebnis dieser Reise ist der Dokumentarfilm „Perm 36 – Der letzte Gulag“, welcher gerade seine Runde auf internationalen Filmfestivals beginnt. Ich habe mich mit Robert in Berlin getroffen und über den Film, das Museum und Russland allgemein gesprochen.
Marcel: Wie ist es überhaupt zu dem Film gekommen?
Robert: Das war nicht das erste Mal, das meine Mutter mit den Veranstaltern dort zu tun hat. Nicht nur für Pilorama, die machen auch andere Sachen. Die haben uns dann besucht und wir hatten rumgewitzelt, so a la „Dann komm ich eben mit und dreh da einen Film.“ Und so ist dann eins zum anderen gekommen: wir haben über das Festival Zuschüsse beantragt und das hat gottseidank auch geklappt, so sehr wie die mit dem Etat immer knapsen müssen. Für deutsche Anträge wäre keine Zeit gewesen – wir haben nur 6 Monate vorher entschieden dass wir dorthin fahren.
Marcel: Wie war die Zusammenarbeit mit dem Museum?
Robert: Es gibt generell relativ wenige Menschen die sich dafür einsetzen. Die Leute dort im Museum sind auch wirklich alle beinharten Idealisten, die um jeden Etat kämpfen müssen. Ich hoffe das die den Film auch dort im Museum zeigen, wir haben das Ganze ja mit deren Unterstützung gemacht.
Marcel: Kommen die Besucher für das Festival speziell dafür nach Perm, oder sind das alles lokale Anwohner?
Robert: Eine gute Frage. Ich denke bis nach Perm hin ist alles dabei. Das Lager, wo das Festival stattfindet, ist schon so 100 Kilometer von Perm entfernt. Das ist aber ganz unterschiedlich, glaub ich. Ich war sehr überrascht wie viele Leute das Festival besuchen – und wie viele Deutsche und Engländer auch dahin kommen. Es ist tatsächlich bemerkenswert wie bekannt Perm 36 in der Welt ist.
Marcel: Aber das macht ja auch Sinn – wenn es wirklich das einzige von den Lagern ist welches noch übrig geblieben ist…
Robert: Das ist aber auch wirklich eine andere Kultur dort. Fast jedes KZ in Deutschland ist ein Museum – das gibt’s da einfach nicht. Dort wird die Sowjetgeschichte nicht so aufgearbeitet wie das hier der Fall ist. Es gibt dort keine Zivilgesellschaft, respektive diese baut sich gerade erst auf. Wenn du überlegst wie viele Gulags es gab, und es gibt nur noch ein Museum… Und dort ist auch alles rekonstruiert. Von den ursprünglichen Gebäuden standen nur noch ganz wenige. Wir haben auch einen der ehemaligen Häftlinge interviewet. Der kommt seit 13 Jahren dahin, für ihn ist das eine Art Mission den Leuten und den Jugendlichen von seiner Geschichte zu erzählen. Einfach damit die Leute ein Bewusstsein dafür entwickeln und so etwas nicht noch einmal passiert. Selbstverständlich ist das für die Leute dort nicht, diese Geschichtsaufarbeitung.
Marcel: Aber anscheinend ist ja doch ein Interesse da bei den Leute, sonst würden die ja nicht zu dem Festival kommen. Oder meinst du die Besucher interessieren sich nur für das Musikprogramm und nicht für den Ort wo es stattfindet?
Robert: Ich glaube das ist eine gute Mischung. Es gibt die Festivalbühne wie man sie kennt, vielleicht nicht ganz so gross, und da kommen die Kids hin um die Rockbands zu hören, aber die gehen natürlich auch durch das Museum und schauen sich das an. Es ist aber schon ein bisschen morbide: vor dem Museum hast du die Bühne und das Festivalgelände voll mit bunten Zelten, auf der anderen Seite das Museum mit den winzigen Zellen in denen Menschen gestorben sind.
Marcel: Und was wollt ihr mit dem Film jetzt noch anstellen?
Robert: Der Film läuft im Festivalprogramm des „World Kids International“-Kurzfilm-Festivals in Mumbai. Aber wir wollen natürlich noch auf andere Festivals damit. Ich hoffe das da noch ordentlich was rumkommt. Es ist ja auch mein erster Dokumentarfilm.
Marcel: Vielen Dank!